Stuttgart. Mit einem Symposium feierte das Fraunhofer-Institut für Grenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB am 25. September 2013 sein 60-jähriges Bestehen. Eines der zentralen Themen der Veranstaltung war die Bioökonomie als gemeinsames Zukunftsfeld von Industrie und Forschung. Das Fraunhofer IGB erforscht u. a. die stoffliche und energetische Nutzung biogener Roh- und Reststoffe. Seit 2012 ist das Institut bzw. seine Projektgruppe am Fraunhofer-Zentrum für Chemisch-Biotechnologische Prozesse in Leuna Mitglied im mitteldeutschen BioEconomy Cluster und engagiert sich dort im Themengebiet 2 – der Erforschung und industriellen Skalierung des Aufschlusses von Biomasse für die Herstellung von Grundstoffen für die Raffinerie und die chemischen Verbundproduktion. Prof. Dr. Thomas Hirth, Leiter des Fraunhofer IGB, hat als einer der Gründerväter und wissenschaftlicher Koordinator des Clusters BioEconomy maßgeblich zum Erfolg des Clusters im Spitzencluster-Wettbewerb des BMBF beigetragen.
„Wie lässt sich aus Biogas der transport- und lagerfähige flüssige Kraftstoff Methanol gewinnen? Wie können Metalle aus Abfallströmen, wie z. B. Elektronikschrott, zurückgewonnen werden?“ Mögliche Antworten auf diese und andere Fragen präsentierten u. a. die IGB-Doktoranden Matthias Stier und Lea König in ihren Elevator Pitches. Einen Einblick in die Entwicklung der Bioverfahrenstechnik in Deutschland und am Fraunhofer IGB gab Prof. Dr. Christoph Syldatk vom Karlsruher Institut für Technologie, die Grenzflächenverfahrenstechnik veranschaulichte Prof. Dr. Wolfgang Peukert von der Universität Erlangen.
»Dank der intensiven Unterstützung der Bundes- und Landesministerien und der Fraunhofer-Gesellschaft konnten wir unsere Forschung konsequent auf die Geschäftsfelder Medizin, Pharmazie, Chemie, Energie und Umwelt ausrichten und wichtige Zukunftsthemen wie Nachhaltigkeit und Bioökonomie im Institut verankern«, beschrieb Hirth in seiner Begrüßung seine strategischen Schwerpunkte am IGB.
Professor Reimund Neugebauer, der Präsident der Fraunhofer-Gesellschaft, freute sich in seinem Grußwort, dass er gemeinsam mit seinem Kollegen Hirth vor knapp einem Jahr bei der Einweihung des Fraunhofer CBP in Leuna Bundeskanzlerin Angela Merkel begrüßen konnte. Die Vertreter der Ministerien des Landes und des Bundes betonten, dass es Hirth gelungen sei, mit den Themen Bioökonomie und Nachhaltigkeit den Weg in Richtung einer biobasierten und nachhaltigen Wirtschaft in Baden-Württemberg, Deutschland und Europa mitzugestalten.
1953 als kleines Forschungslabor für Physik und Chemie der Grenzflächen in Kirchheimbolanden in der Pfalz gegründet, trägt das Institut auch heute noch die Grenzflächen in seinem Namen. An einer Grenzfläche, der nur wenige Atom- oder Moleküllagen dünnen Übergangsschicht zwischen zwei Phasen oder Stoffen, ändern sich die physikalisch-chemischen Eigenschaften nahezu sprunghaft. So sind Grenzflächen der Ort, an dem das Neue geschieht – und mit vielfältigen Wechselbeziehungen der Grenzflächenforschung zu anderen Disziplinen werden heute am Institut Innovationen realisiert.
Das Forschungslabor kam 1962 zur Fraunhofer-Gesellschaft und zog 1969 an den Hochschulstandort Stuttgart. 1976 erweiterte der neue Institutsleiter Professor Horst Chmiel das Forschungsspektrum um die Bioverfahrenstechnik und gab dem Institut den Namen, der bis heute gilt. Professor Herwig Brunner, der 1994 von Boehringer Mannheim als Institutsleiter an das IGB kam, baute die pharmazeutische Forschung und Zellbiologie aus. Professor Thomas Hirth, der das IGB seit 2007 leitet, fokussierte das Institut auf die bedarfsorientierten Geschäftsfelder Medizin, Pharmazie, Chemie, Umwelt und Energie und richtete es auf die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts aus. Gleichzeitig verstärkte er die Forschung an der stofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Heute arbeiten mehr als 300 Mitarbeiter am IGB in Stuttgart und seinen Projektgruppen in Würzburg, Straubing und Leuna.
Fotos: Fraunhofer IGB