Fraunhofer PAZ und KraussMaffei Berstorff starten UD-Tape-Anlage

Weltweit einmalige Verarbeitungsleistungen und -geschwindigkeiten bei der Herstellung von UD-Tapes ermöglicht eine neue Anlage am Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für Polymersynthese und -Verarbeitung PAZ in Schkopau. Die gemeinsam mit dem Maschinenbauunternehmen KraussMaffei Berstorff entwickelte Anlage eröffnet vielfältige neue Anwendungsfelder für den Leichtbau. Am 3. Mai wird die UD-Tape-Anlage offiziell in Betrieb genommen.

UD-Tapes sind Bänder mit unidirektional ausgerichteten Verstärkungsfasern, beispielsweise aus Glas oder Kohlenstoff, die in eine thermoplastische Matrix eingebettet werden. Im Weiterverarbeitungsprozess werden die Tapes so aufeinandergelegt und fixiert, dass die Fasern in Lastrichtung (unidirektional) orientiert und somit speziell auf den Lastfall des Bauteils abgestimmt sind.

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Die UD-Tape-Anlage von KraussMaffei Berstorff am Fraunhofer PAZ eröffnet neue Dimensionen in der Verarbeitungsgeschwindigkeit und Variationsbreite © KraussMaffei Berstorff

Die aus mehreren UD-Tape-Schichten bestehenden Laminate bieten enorme Vorteile für die Verarbeitung: Durch ihre Belastbarkeit können sie als Konstruktionswerkstoffe eingesetzt werden und ermöglichen neue Bauteilgeometrien. Sie sind für Thermoumformung geeignet, durch Überspritzen ist zudem die Integration weiterer Funktionen oder Komponenten möglich, sodass Hybridmaterial-Lösungen entstehen. Im Vergleich zu anderen Methoden bei der Herstellung von faserverstärkten Kunststoffbauteilen (FVK) bieten sie kürzere Produktionszeiten, schnellere Pre-Preg-Prozesse und zudem ein höheres Recyclingpotenzial als duroplastische Lösungen.

Enorme Potenziale im Leichtbau

»Mit dieser Anlage steht am Fraunhofer PAZ die größte Schmelzimprägnieranlage weltweit zur Verfügung, die immenses Potenzial für Leichtbau-Entwicklungen der kommenden Jahre hat. Gemeinsam mit unserem strategischen Partner KraussMaffei Berstorff setzen wir damit bei der Fertigung von lasttragenden Bauteilen in Leichtbauweise neue Maßstäbe«, sagt Prof. Ralf B. Wehrspohn, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen IMWS und Vorstand im BioEconomy Cluster.

Die Herstellung der UD-Tapes erfolgt mittels Schmelze-Benetzung aus Endlosfasern, die unter Spannung über eine Spreizeinrichtung geführt werden, um ein möglichst homogenes und dünnes Faserbett zu erhalten. Auf einer maximalen Breite von 500 Millimetern werden die Fasern im Faserbett mit einem Matrixkunststoff benetzt. Im weiteren Verlauf des Fertigungsprozesses wird das Tape gekühlt, randbeschnitten und auf Rollen aufgewickelt. Die in mehreren Schichten zu Organoblechen aufgebauten Laminate stehen zur Weiterverarbeitung in den genannten Hybridprozessen zur Verfügung.

Die Technologie ist für die Fertigung in der Großserie geeignet – ein wichtiger Aspekt etwa für die Automobilindustrie. Dort können dank neuer, leistungsfähiger Leichtbau-Werkstoffe auf Basis von UD-Tapes das Fahrzeuggewicht und damit der Schadstoffausstoß verringert werden. Bei einer gemeinsamen Veranstaltung mit KraussMaffei Berstorff und Gästen aus Industrie, Wissenschaft und Politik wird die Anlage in Schkopau am 3. Mai offiziell in Betrieb genommen.

Biobasierte UD-Tapes aus dem Spitzencluster BioEconomy

Neben den ressourcenschonen Potenzialen durch verkürzten Produktionszeiten und verbesserten Recyclingmöglichkeiten der UD-Tape Herstellung wurde im Spitzencluster BioEconomy durch das Fraunhofer IMWS, der GK Concept GmbH und der BYK Kometra GmbH UD-Tapes im bioökonomischen Kontext geforscht. Der innovative Ansatz bestand in der Entwicklung eines biobasierten unidirektional faserverstärkten Laminates als Basis für lastgerechte lokale Verstärkungen von Leichtbaustrukturen im automobilen Interieurbereich. Die biobasierten UD-Tapes setzen sich dabei aus zellulosebasierten Endlosfasern und einem funktionalisierten Polymilchsäure-Polypropylen-Blend als thermoplastischen Matrix zusammen. Der Rohstoff für die Zelluloseregeneratfaser (CRF) kann buchenholzbasiert hergestellt werden. Die Kombination des PLA-PP-Blends mit den gerichteten Endlosfasern führt zu einer Erhöhung der Widerstandsfähigkeit im Bauteil unter hohen Dehnraten, wie sie z.B. im Falle eines Aufpralls auftreten können. Dies macht das zu entwickelnde Materialsystem insbesondere für energie-absorbierende Bauteile im Automobilinnenraum interessant.

Weitere Informationen dazu finden Sie auch auf der Hannover Messe vom 23.-27.4.2018 am Stand „Schaufenster Bioökonomie“, Halle 2, C50. Dort können Sie auch Produktproben sehen und mit den Forschern vom Fraunhofer IMWS/PAZ als auch Clustervertretern direkt ins Gespräch kommen.