In einem durch die TU München geführten Forschungskonsortium beschäftigt sich der Institutsteil »Bio-, Elektro- und Chemokatalyse BioCat« des Fraunhofer IGB mit Enzymen zur biotechnologischen Modifikation von Pseudopterosinen für die Pharma- und Kosmetikindustrie. Die Nachfrage nach den entzündungshemmenden Korallen-Wirkstoffen ist enorm, die bisherige Gewinnung allerdings nicht nachhaltig. Die fermentative Produktion auf Basis von Stroh-Biomasse verspricht, ökologische und wirtschaftliche Vorteile miteinander zu vereinen.
Pseudopterosine finden schon heute durch ihre entzündungshemmenden und wundheilenden Effekte Verwendung in zahlreichen Kosmetikprodukten. Das ist jedoch erst der Anfang, denn auch die Pharmaindustrie untersucht mit Nachdruck Lösungen für eine alterende Gesellschaft, denn im Vergleich zu bestehenden etablierten Medikamenten wirken Pseudopterosine schneller und haben weniger mögliche Nebenwirkungen. Deswegen prognostizieren Fachleute über das heutige Marktpotenzial hinausreichende Entwicklungschancen.
Pseudopterosine werden bisher aus Korallen-Biomasse gewonnen, denn die bioaktiven Wirkstoffe entstehen im natürlichen Stoffwechselprozess der Weichkoralle Antillagorgia elisabethae. Diese kann jedoch nicht in Aquakulturen gezüchtet werden, es bleibt also nur die Ernte ›wilder‹ Exemplare.« Da der Pseudopterosin-Anteil in der Biomasse jedoch nur sehr gering und zugleich die Nachfrage nach den Wirkstoffen enorm ist, droht ein massiver Eingriff in die Natur mit schwerwiegenden sozio-ökonomischen Konsequenzen für die karibischen Ursprungsregionen.
Um eine nachhaltige Versorgung zu gewährleisten entwickelt seit September 2014 ein Forschungskonsortium bestehend aus kanadischen und deutschen Projektpartnern ein biotechnologisches Produktionsverfahren für Pseudopterosine. Das Projekt „Optimierte mikrobielle Umsetzung von Biomassereststoffen zur nachhaltigen Herstellung hochwertiger bioaktiver Diterpene“ (OMCBP) wird gefördert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung. Das Konsortium, geführt durch das Fachgebiet Industrielle Biokatalyse der Technischen Universität München, umfasst den IGB-Institutsteil BioCat am Standort Straubing, die Ruhr Universität Bochum und auf kanadischer Seite das Marine Natural Products Lab der University of Prince Edward Island sowie die KMU Nautilus Biosciences Canada und BBSI.
Eine zentrale Rolle in diesem Forschungsprojekt spielt dabei der Fraunhofer-Institutsteil BioCat. Dort entwickeln die Wissenschaftler spezielle Katalysatoren für den Herstellungsprozess der Wirkstoffe. Wie Dr. Michael Hofer erläutert: »lassen sich mit dem neuen Produktionsverfahren, lassen sich die negativen ökologischen Auswirkungen vermeiden. Zusammen mit seinen Forscherkollegen entwickelt er am Fraunhofer-Standort Straubing katalytische Prozesse für eine nachhaltige Rohstoff- und Energieversorgung auf der Basis nachwachsender Rohstoffe, wie etwa Stroh. »Seit Anfang September unterstützen wir nun unsere Projektpartner mit unserem Know-how im Enzym-Engineering«, erzählt Hofer weiter. »Indem wir wichtige Schlüsselenzyme identifizieren, liefern wir die Basis für die fermenatative Herstellung der Pseudopterosine«.
Aus ihren Forschungsergebnissen erstellt das Fraunhofer-Team schließlich eine Enzym-Bibliothekdurch die das Pseudopterosin Grundgerüst pharmakologisch aktiviert wird. In parallen Arbeiten entwickeln die Partner der TU München und University of Prince Edward Island Methoden den Stoffwechselweg der Koralle in Mikroorganismen nachzubauen. Alternativ erforscht die Ruhr Universität Bochum die Pflanzen-basierte Biosynthese von strukturell ähnlichen Naturstoffen. Zusammenfassend ermöglichen die optimal abgestimmten Synergien der Projektpartner die fermentative Herstellung von Pseudopterosin auf auf Grundlage von Glucose aus der Stroh-Biomasse.
Mehr Informationen: www.igb.fraunhofer.de